Im Moment sind Weihnachts-Semesterferien, und es ist diese herrliche Zeit des Jahres, zu der man „zwischen den Jahren“ sagt und die sich eigentlich so anfühlt, als sei man auch irgendwie zwischen allem anderen. Eine zeitlose, datumslose, wochentagslose Zeit des Dahinschwebens, Dahinausschlafens, Herumgammelns. Zeit für sich, Zeit für die Familie. Durchatmen, endlich.
Auch endlich mal Zeit, sich zu überlegen, wie es denn nun eigentlich weitergehen soll. Warum ich mich das frage? Leider geht es nicht anders.
Mein Buch „Die Paleo (R)evolution“ ist zwar sehr gut aufgenommen worden, aber wie erwartet kann ich mich jetzt nicht irgendwie zur Ruhe setzen oder so. (Ich hatte übrigens im Februar noch eine Lesung in Lehmanns Buchhandlung in der Innenstadt. Die war gut besucht und ein voller Erfolg – ich wollte eigentlich darüber bloggen, aber jetzt zeige ich hier wenigstens ein Beweisfoto.) Es wird die wenigsten überraschen zu hören, dass man in der Regel durch das Bücherschreiben nicht reich wird, selbst wenn es mehrere Bücher wären. Und meine vorherige Tätigkeit als Übersetzerin kann ich nicht ausüben, wenn ich gleichzeitig ein sehr zeitintensives und anspruchsvolles Studium bewältigen möchte. Das würde vielleicht gehen, wenn meine Kinder schon groß wären, aber im Moment ist ja noch nicht mal an Durchschlafen zu denken (ich stille M2 noch) und auch in den nächsten Jahren werden meine Kinder ihre Mutter noch sehr brauchen. Und ich bin auch nicht bereit, meine Mädchen den Preis für das Studium zahlen zu lassen. Nicht noch mehr. Es schmerzt mich schon, dass ich beispielsweise diesen Winter zum ersten Mal seit der Geburt von M1 nicht ein einziges Mal Plätzchen gebacken habe und lernend auf dem Sofa saß, während unsere Große den Weihnachtsbaum ganz allein schmückte. Ich hege allerdings die Hoffnung, dass ich die Arbeitsbelastung in Zukunft besser bewältige, denn die ersten paar Semester sind nun mal, nach allem was man so hört, vergleichsweise hart.
Normalerweise gibt es ja genau aus diesem Grund das BAföG, da der Gesetzgeber weiß, dass sinnvolles Studieren und gleichzeitiges Arbeiten sich schon bei Kinderlosen praktisch gegenseitig ausschließt. Allerdings war mir nicht klar, dass es wirklich absolut gar keine Möglichkeit für mich gibt, BAföG zu bekommen. Ich war im Gegenteil überzeugt, dass es mit meinen erwiesenen Einschränkungen (ich habe einen „Grad der Behinderung“, eine „Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen“ usw.) eine Möglichkeit geben muss, mein Studium zu finanzieren, und sei es über irgendwelche Härtefallregelungen. Mein Alter von inzwischen 41 Jahren, von dem ich schon erwartete, dass es sich als hinderlich erweisen würde, ist dabei gar nicht das definitive Ausschlusskriterium – an der Altersgrenze kann man sich mit entsprechend guter Begründung vorbeimogeln. Sondern die Tatsache, dass ich schon einen, wie es heißt, „berufsqualifizierenden Abschluss“ habe. An dieser Tatsache führt kein Weg vorbei. Ich habe ein über dreijähriges Universitätsstudium abgeschlossen, und damit ist der Zug abgefahren.
Bis zum ersten Geburtstag von M2 bekam ich ja noch Elterngeld, und damit als Zubrot zum Gehalt meines Mannes konnten wir die erste Zeit meines Studiums mehr schlecht als recht bestreiten. Danach guckten wir in die Röhre, und so recherchierte ich während des Sommersemesters wie wild nach Stipendien. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass die allermeisten Stipendien entweder eine Altershöchstgrenze vorsahen oder ebenfalls keine Zweitstudien förderten. Außerdem ist es relativ schwierig, sich auf ein Stipendium zu bewerben, wenn man noch keine Noten vorweisen kann. Ich versuchte es dennoch beim so genannten „Deutschlandstipendium“. Bei diesem Stipendium stand nirgendwo etwas von irgendwelchen Ausschlusskriterien. Die einzige Voraussetzung war, dass man in Deutschland an einer Hochschule eingeschrieben sein musste. Es ist mit 300 Euro im Monat nicht unbedingt ein existenzsicherndes Stipendium, wenn man kein BAföG bekommt, aber es ist besser als nichts. Leider erhielt ich viele Monate später – im November – ohne Begründung den ablehnenden Bescheid, vielleicht weil ich bis zur Abgabefrist noch keine Note auf mein erstes Modul hatte, oder vielleicht, weil jedes einzelne Deutschlandstipendium zur Hälfte von einem privaten Sponsor (z.B. einem Unternehmen) finanziert wird und meine Bewerbung für keinen Sponsor aus der freien Wirtschaft so direkt interessant war.
Danach bewarb ich mich noch bei einer Stiftung. Das entsprechende Stipendium wäre wesentlich attraktiver gewesen, und ich hatte sogar eine großartige Unterstützung durch eine ehemalige Stipendiatin der Stiftung, die mir dabei half, meine Bewerbung mit allen relevanten Punkten auszustatten und sich in meinem Namen mit der Stipendiatengruppe der Uni Leipzig in Verbindung setzte. Diese Gruppe hätte meine Bewerbung nämlich stützen müssen, um mir über ein spezielles Auswahlverfahren (nämlich unter Umgehung z.B. der Altershöchstgrenze) zu dem Stipendium zu verhelfen. Die Stipendiatengruppe nahm meine Bewerbung sehr freundlich auf und fand sie außerordentlich ansprechend und mein Unterfangen sehr unterstützenswert. Nur leider, leider mussten sie sie ablehnen. Ich erhielt die inzwischen schon wohlvertraute Begründung, dass auch dieses Stipendium nicht an Zweitstudierende vergeben werden und dass selbst in meinem Fall unter Berücksichtigung von Härtefallkriterien keine Ausnahme gemacht werden dürfe. Die Ansprechpartnerin der Stipendiatengruppe hatte dazu extra, von sich aus, bei der Stiftung nachgefragt, weil sie mir wohl gern geholfen hätte. Es war aber nix zu machen. Mist.
Nachdem ich noch ein bisschen weiter recherchiert habe und erfolglos noch den einen oder anderen Fühler ausgestreckt habe, greife ich jetzt als letzten Ausweg auf Crowdfunding zurück. Ich bastele mir sozusagen mein eigenes Stipendium.
Es ist kein schönes Gefühl, andere um Geld zu bitten. Aber anders geht es nicht. Wir sind noch dabei, das BAföG von meinem Mann abzuzahlen. Wir können nicht zusätzlich einen 100%igen Studienkredit aufnehmen. Ich bin immerhin schon 41 und obwohl ich hoffe, noch sehr lange zu leben und sehr lange kreativ und leistungsfähig zu sein und arbeiten zu können, ist mir angesichts meiner Krankheit das Risiko zu hoch, dass ich den Schuldenberg nicht abzahlen kann, denn mit zwei Kindern zieht sich das Studium natürlich ein bisschen in die Länge.
Daher die Bitte: guckt euch die Kampagne an, spendet, wenn ihr könnt, und teilt vor allem, was das Zeug hält. Am besten mit ein paar freundlichen Sätzen von euch selbst, da der Kampagnentext ja auf Englisch ist und nicht alle Deutschen so gern Englisch lesen. Das würde mir wirklich sehr weiterhelfen. Hier ist nochmal der Link: https://www.gofundme.com/autoimmune-research
Wie ihr wisst, mache ich das Studium nicht nur, „weil ich Biologie schon immer interessant fand“ (obwohl das stimmt – ich habe mich ja schon im Übersetzerstudium auf Medizin und Biologie spezialisiert) und auch nicht, weil ich damit gerne irgendwann viel Geld verdienen will. Ich habe während der Recherchen zu meinem Buch festgestellt, dass die meisten Leute, die in der medizinischen Grundlagenforschung arbeiten, keine Mediziner sind, sondern Naturwissenschaftler. Zum Beispiel Biologen oder Biochemiker. Das trifft sich gut, weil ich sowieso lieber Biologie als Medizin studieren wollte. Das Medizinstudium beschäftigt sich zwar ausschließlich mit unserer Spezies, was mir grundsätzlich entgegenkommt, aber es engt andererseits den Blick auch ein. Ich will ja Grundlagenforschung machen, und da ist es gut, wenn der Blick nicht auf Krankheiten und ihre Symptome und bestehende Therapien fokussiert ist. Und das wäre eben auch sowieso nicht so „mein Fall“. Ich möchte lieber das große Ganze verstehen.
Jedenfalls: es gibt ja nicht viele Leute, die ein naturwissenschaftliches Studium anfangen und genau wissen, was sie machen wollen. Die von Anfang an eine Berufung mitbringen, die also eine persönliche Motivation haben, etwas zu verändern oder voranzubringen. Ich habe eine, ich weiß genau, was ich will. Ich möchte an einer Heilung von Autoimmunerkrankungen, insbesondere chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, mitwirken.
Autoimmunerkrankungen erhalten immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit. Hier sind kurz ein paar Statistiken von der amerikanischen Webseite der American Autoimmune Related Diseases Association (AARDA), die ich auch teilweise auf der Seite der Kampagne anführe:
- Die AARDA schätzt, dass 50 Millionen Amerikaner an einer Autoimmunerkrankung leiden. Die National Institutes of Health (NIH) legten nur die Daten über 24 Autoimmunerkankungen zugrunde und gehen immerhin noch von 23,5 Millionen erkrankten Amerikanern aus. Zur Einordnung: an Krebs sind 9 Millionen Amerikaner erkrankt, an Herz-Kreislauferkrankungen 22 Millionen.
- Die NIH gaben im Jahr 2003 ungefähr 591 Millionen Dollar für die Erforschung von Autoimmunerkrankungen aus. Für Krebsforschung wurden im selben Zeitraum von der NIH 6,1 Milliarden, für die Erforschung von Herz-Kreislauferkrankungen 2,4 Milliarden Dollar investiert.
- Nach aktuellen Forschungsergebnissen existieren 80 bis 100 Autoimmunerkrankungen, wobei bei etwa 40 weiteren Krankheiten eine Autoimmunaktivität bei der Krankheitsentstehung vermutet wird. Alle diese Krankheiten sind chronisch und manche lebensbedrohlich.
- Autoimmunerkrankungen stellen bei Mädchen und Frauen bis 64 eine der 10 häufigsten Todesursachen dar.
- Mediziner erhalten im Rahmen ihrer Ausbildung wenig tiefgreifendes Wissen über Autoimmunerkrankungen, da diese nicht nur ein spezielles Organsystem betreffen, die Facharztausbildung sich jedoch immer auf ein einzelnes Organsystem spezialisiert.
- Das Gleiche gilt für die Erforschung von Autoimmunerkrankungen: da es wenig fach- oder krankheitsübergreifende Forschung gibt, werden Autoimmunerkrankungen nicht mit einem ausreichend umfassenden Blickwinkel erforscht.
Und laut der Webseite des Lehrstuhls für Anthropologie an der University of Alabama wurde beispielsweise bei Morbus Crohn über die letzten Jahre eine steigende Zahl der Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern beobachtet, wobei einige Studien in den letzten drei Jahrzehnten insbesondere bei Kindern von einer Verzehnfachung bzw. Verzwanzigfachung der Zahlen sprechen.
Ihr seht also, dass es sich um eine veritable Epidemie handelt. Ich hoffe sehr, dass ich auf eure Unterstützung bauen kann, wenn ich mich weiter meinen Weg gehe, um diesem Übel etwas entgegensetzen zu können. Wir alle brauchen endlich eine Heilung oder wenigstens viel bessere und sichere Therapien, so dass wir nicht länger die Hölle der Krankheitsbeschwerden gegen die Hölle der Nebenwirkungen und Langzeitrisiken eintauschen müssen. Denn so gerne ich das auch glauben möchte, die Paleo-Ernährung bringt nicht jedem dauerhafte und vollständige Linderung.
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